Konflikte lösen: So bleiben Sie auf Augenhöhe

Die Gewaltfreie Kommunikation als „Wert-schätzende Kommunikation zu bezeichnen, gefiele mir besser. Es geht darum, einander gerade in herausfordernden Situationen auf der Basis von Werten und Bedürfnissen (besser) zu verstehen und zu begegnen – auf Augenhöhe zu kommen.

Die Herausforderung dabei ist oft, dass wir nicht wissen, wie das gehen kann, eher uns selbst und andere beurteilen und bewerten, manchmal auch verurteilen.

Zu lernen, aufrichtig und empathisch zu sein spielt in der Gewaltfreien Kommunikation, kurz GFK, eine wichtige Rolle.

Herr Brunner, Sie arbeiten unter anderem als GFK-Trainer. Mit welchen Anliegen kommen die Menschen auf Sie zu?

Da gibt es viele Möglichkeiten.
  • Es kommen Menschen, die den Umgang miteinander verbessern möchten oder ihre Beziehung stärken wollen.
  • Und es gibt natürlich auch Menschen, die in inneren oder äußeren Konflikten stecken und sich die GFK zu Nutze machen wollen, um diese zu lösen. Der Begründer der GFK, Dr. Marshall B. Rosenberg hat das ja sogar in Krisen- und Kriegsgebieten geschafft.
  • Es muss allerdings nicht immer um einen Konflikt gehen. Mancher will seinen Kommunikationsstil verändern: z.B. lernen, wie man wertschätzendes Feedback gibt oder Kritik so ausdrückt, dass dennoch eine angenehme Beziehung aufrechterhalten bleiben kann.
  • Es kommen auch Menschen, die ihre Glaubenssätze transformieren oder ihre inneren Persönlichkeitsanteile zu Wort kommen lassen wollen, um so zu einem tieferen Verständnis für sich selbst zu kommen.  – Im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung
  • Mich freut besonders, dass immer mehr Menschen in Führungspositionen dabei sind, die einen wertschätzenden Umgang in Teams oder Unternehmen fördern wollen und Menschen, die in Kitas und Schulen pädagogischen Aufgaben nachkommen und die GFK in ihre Arbeit integrieren wollen.

Wie gehe ich vor, wenn ich gewaltfrei kommunizieren möchte?

Die ersten Schritte in aller Kürze:
Wichtig dabei ist es, die 4 Schritte der GFK und deren Schlüsselunterscheidungen zu kennen. Es ist auch hilfreich, sich ein Repertoire an Ausdrücken für Empfindungen und Bedürfnisse anzueignen.

Schritt 1: Was wird beobachtet, wahrgenommen? Hier geht es um Daten und Fakten.

Schritt 2: Was sind die Empfindungen/Gefühle dabei? Geht es z.B. um Verärgerung, Verletzung oder geht es z.B. um Erleichterung, Glücksgefühle oder Begeisterung? Gefühle geben uns Hinweise darauf, ob es im betrachteten Kontext um erfüllte oder unerfüllte Bedürfnisse geht.

Im Schritt 3 geht es um die Bedürfnisse. Was wird gebraucht, was ist wichtig oder liegt besonders am Herzen wie z.B. Sicherheit, Unterstützung, Wertschätzung, Anerkennung, Selbstbestimmung, um nur einige zu nennen.

Schritt 4: Hier geht es um Bitten, die dabei unterstützen können, Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn ich also die jetzt gerade wichtigsten Bedürfnisse identifiziert habe, kann ich eine entsprechende Bitte formulieren und so zur Erfüllung nichterfüllter Bedürfnisse beitragen.

Wie genau ich die vier Schritte anwende, hängt davon ab, in welchem der Kernprozesse – z.B. Selbstklärung, Aufrichtigkeit,  Empathie – ich mich befinde.

Ein Beispiel:

 

😯 Situation: Elternteil kommt ins Kinderzimmer und sagt:
„… jedes mal wenn ich hier rein komme sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa. Du bist so unordentlich!“

 

🙂 Aufrichtig mit GFK und den vier Schritten könnte es so lauten:
1. Wenn ich die umgekippte Coladose auf dem T-Shirt dort am Boden sehe und den Fleck im T-Shirt, …
2. dann bin ich ziemlich frustriert, …
3. weil mir Ordnung und Sauberkeit wichtig ist und ich gerne Unterstützung darin hätte, diese aufrecht zu erhalten.
4. Nimmst Du bitte die Coladose und bringst sie in den Müll und das T-Shirt in die Schmutzwäsche? Einverstanden?

 

😯 Eventuelle Antwort des Kindes:
(lautstark und wütend) Lass mich in Ruhe mit der blöden Coladose! Ich habe gerade ein ganz anderes Problem: Die 5 in der Mathearbeit!

 

🙂 Elternteil, empathisch im Sinne der 4 Schritte der GFK:
1. Ah Du denkst gerade an die 5 in Mathe und …
2. bist wütend und verzweifelt?
3. Brauchst Du erstmal Deine Ruhe und vielleicht eine Idee, wie Du
die 5 wieder ausgleichen kannst?
4. Würde es Dir helfen, wenn ich mit Dir zusammen einen Weg überlege, wie das gelingen kann?

Wie kann ich die Methode GFK näher kennenlernen?

An der vhs Karlsruhe wird das sogenannte Basis-Seminar angeboten. Wer dann mehr wissen möchte, kann eine GFK-Grundausbildung machen. Das gibt es auch als Bildungszeit-Angebot

Einen leichten Einstieg bietet auch die  Arbeit mit den GFK Tanz- und Bodenparketten. Diese machen mittels sogenannten Bodenankern die Möglichkeiten der GFK sehr anschaulich, einprägsam und mit allen Sinnen spürbar. Die Parkette sind so zu verstehen, dass man dazu eingeladen ist, sich in den Schrittfolgen, die man innerhalb des entsprechenden Prozesses gehen möchte, (selbst) führen zu lassen und zu gehen. Das gibt es auch an der vhs.

Muss ich denn in einem GFK-Seminar meine Probleme vor allen anderen preisgeben?

In meinen Seminaren „muss“ niemand etwas tun. Es geht gewaltfrei zu 😉

Natürlich ist es hilfreich und nützlich, wenn Teilnehmer*innen ihre Themen einbringen. Das macht es lebendig, echt und lebensnah. Es ist meine Aufgabe als Trainer sensibel zu sein und genau hinzusehen, was bei den Einzelnen gerade vorgeht. Deswegen arbeite ich in der Regel in den Seminaren mit max. 10 Personen, damit ich das gut im Blick habe. Dann kann ich jemanden direkt ansprechen z.B. in der Pause und nachfragen, was gerade gebraucht wird (Bedürfnisse), so dass ich bzw. die Gruppe darauf eingehen kann. Wir finden immer eine Lösung.

 

Udo Brunner ist vom „Center for Nonviolent Communication (CNVC)“ zertifizierter GFK Trainer.